Der Jubilar
Richard Strauss, den die Musikwelt 2014 feiert, Ehrenbürger der Stadt Dresden,
Namensgeber für einen Platz in der Altstadt und Ehrenmitglied der Sächsischen Staatsoper und Staatskapelle, war nie hier ansässig,
weilte aber oft zu Besuch. Meist nahm er gleich am Theaterplatz im
Hotel Bellevue Logis. Schon 1882
wurde die Bläserserenade des erst 18jährigen Komponisten vom Dresdner Tonkünstlerverein gespielt. Ein Jahr später führte ihn eine
Künstlerreise als Klavierbegleiter auch in die Elbmetropole, dem zukünftigen Uraufführungsort von neun seiner 17
Bühnenwerke.
Bis zum Ausbruch des II. Weltkrieges pflegte er hier auch die eigene Konzert- und
Dirigiertätigkeit
zur Aufführung seiner Werke oder die anderer Tonschöpfer. Wenn er nicht selbst am Pult stand, war er doch meistens anwesend –
stets um direkten Kontakt mit den befreundeten Dirigenten
Ernst von Schuch,
Fritz Busch und
Karl Böhm und den Inszenierungsteams bemüht.
Beispielsweise stellte er zwei Tage nach seiner Uraufführung mit der Dresdner Kapelle am 28. Oktober 1915 in Berlin
"Eine Alpensinfonie",
"Dem Grafen Nicolaus Seebach
und der
Königlichen Kapelle zu Dresden in Dankbarkeit gewidmet", auch den Dresdnern vor.
Von 1933 bis 1935 erster Präsident der Reichsmusikkammer, hatte Richard Strauss als Gründer (Juni 1934) und Präsident (bis 1944)
des nationalsozialistischen "Ständigen Rates für die internationale Zusammenarbeit der Komponisten"
den Vorsitz beim
"Musikfest Dresden 22. bis 30. Mai 1937" inne.
Anläßlich der Erstaufführung der Oper "Capriccio" am 2. Januar 1944 entstanden die berühmten Porträts von
Hildegard Jäckel, deren Archiv die Fotothek betreut, und von denen einige Abzüge auch in Wiener Museumsbesitz gelangten –
eine Serie den Betrachter fesselnde Nahaufnahmen des
Altersantlitzes
oder der Vintage Print
"Die linke Hand von Richard Strauss".
Zu seinem wohl letzen Dresden-Besuch im Mai 1944
porträtierte ihn die
bedeutende Dresdner Scherenschnitt-Künstlerin
Hanna Hausmann-Kohlmann.
1944 nahm er mit dem "Rosenkavalier"
auch Abschied von dem "geweihten Haus … der Geburtsstätte meiner Werke", die ein Jahr später in Trümmern liegen sollte.
Schon von Krankheit gezeichnet schickte der 82jährige Richard Strauss anläßlich der Neueröffnung des Schauspielhauses als
Großes Haus der Staatstheater Dresden am 22. September 1948 und gleichzeitiger 400-Jahr-Feier der Sächsischen Staatskapelle
herzliche Grüße. Auch da, der Interimsspielstätte bis zum Wiederaufbau der Semperoper 1985, standen wieder Strauss-Werke im
Programm. Die erste Dresdner Nachkriegspremiere einer Strauss-Oper war
"Ariadne auf Naxos"
am 12.10.1945 in der Tonhalle unter Leitung von
Joseph Keilberth
– Neueinstudierung und Ausstattung besorgten die Dresdner Professoren
Heinz Arnold
und
Karl von Appen.
Zu deren Neuinszenierungen zählte auch als erste deutsche Wiederaufführung die bald nach der Dresdner Uraufführung 1935
von den Nazis verbotene Oper
"Die schweigsame Frau"
am 23. November 1946 in der
Tonhalle.
Das größte Dresdner Theaterarchiv der 1920er bis 1930er Jahre,
das zusammen mit dem thematisch noch weit vielfältigeren Schaffen der Fotografin
Ursula Richter
von der Deutschen Fotothek übernommen werden konnte,
birgt einmalige Schätze und belegt die dichte Folge damaliger Schauspiel- und Opernpremieren in einer Spielzeit
(Allein 1921/1922 brachte das Staatsschauspiel Dresden fünf Uraufführungen heraus in einem Spielplan mit insgesamt 49! Inszenierungen).
Alle etwa 250
Stückdokumentationen
sind seit kurzem vollständig erschlossen und
online recherchierbar.
Richters Vintage Prints – die Negative wurden 1945 ein Opfer des Bombenangriffs – bebilderten
alle Programmhefte und zeigten neben den zahlreichen Bühnen- , Szenen- und Rollenbildern auch die Porträts der Autoren,
wenn diese zur Inszenierung anwesend waren. Die
Dresdner Uraufführungen
von
Hauptmann- und Hasenclever-Dramen, Weill- und Hindemith-Opern gehören ebenso dazu wie die
der
Strauss-Opern;
ausgesprochen Porträt sitzt er ihr 1928
anläßlich der Uraufführung seiner Oper "Die ägyptische Helena". Vom nachfolgenden Theaterfotografen
Reinhard Berger
stammt das Porträt 1933 mit den Protagonisten der
"Arabella".
Ernst von Schuch, dessen 100. Todestag ebenfalls 2014 im Mai begangen wurde, war der "Leibdirigent" von
Richard Strauss (er sprach von "der herrliche Schuch" und "Schuchs Zauberstab") und prägte in vierzig Jahren
Orchesterleitung den unvergleichlichen Ruhm der Hofkapelle in der nachgenannten
Ära
Schuch – Strauss.
Durch die 1909 von Schuch
begründete
Richard-Strauss-Woche
nahm die
Dresdner Strauss-Pflege nun einen bedeutenden Platz im Repertoire ein; und alle nachfolgenden Kapellmeister achteten die Tradition bis heute.
Nach den
Druckausgaben
seiner Werke schien auch in der Öffentlichkeit
eine starke Nachfrage bestanden zu haben. Besonders die
Liederhefte
und die kleinen
Textbüchlein
zu den
Bühnenwerken
waren beliebt, da sie mehrmals in kurzer Zeitfolge nachgedruckt
wurden. Alle Musikalien und Textausgaben eines Bühnenwerkes waren jeweils mit dem gleichen Cover ausgestattet.
Die hier vorgestellten Erstdrucke veranschaulichen die abwechslungsreiche und ansprechende Gestaltung der
Umschlagtitel, zu der hochrangige Künstler wie Lovis Corinth beitrugen.
Die
Autographen-Sammlung
der SLUB zu Richard Strauss ist nicht
sehr umfangreich, enthält aber so gewichtige Stücke wie Briefe an Ernst von Schuch, eine originale Vorstudie
auf sieben Particell-Skizzenblättern zur Oper "Intermezzo" op. 72 mit dem Titel
"Das eheliche Glück"
oder seit 2013 das Skizzenbuch zur "Liebe der Danae".
Kerstin Delang